Scheidung und Scheidungsverfahren

Scheitern der Ehe als Voraussetzung der Scheidung

Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden.

Voraussetzung für die Scheidung ist, dass die Ehe gescheitert ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.

Voraussetzung für die Scheidung ist zudem, dass die Ehegatten mindestens ein Jahr lang getrennt gelebt haben. Zu einem früheren Zeitpunkt kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Ehegatten, den Scheidungsantrag stellt, aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Leben die Ehegatten bereits seit einem Jahr getrennt und beantragen beide die Scheidung oder stimmt der Antragsgegner des Scheidungsverfahrens der Scheidung zu, wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist.

Leben die Ehegatten seit drei Jahren getrennt, wird das Scheitern der Ehe nach dem Gesetz unwiderlegbar vermutet.

Scheidungsverfahren

Das Scheidungsverfahren wird durch Einreichung einer Antragsschrift bei Gericht eingeleitet. Diese Antragsschrift kann nur durch einen Rechtsanwalt gefertigt werden, weil sich die Ehegatten nach § 114 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zwingend durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (Anwaltszwang). Dies gilt immer für den den Scheidungsantrag stellenden Ehegatten. Der Ehegatte, der Antragsgegner ist, benötigt dann keinen Rechtsanwalt, wenn er der Scheidung lediglich zustimmen will und keine eigenen Anträge, insbesondere zu Folgesachen, stellen will. Bei einer sogenannten "einvernehmlichen" Scheidung reicht es mithin, wenn sich der den Scheidungsantrag stellende Ehegatte anwaltlich vertreten lässt.

Die Antragsschrift, mit der das Scheidungsverfahren eingeleitet wird, muss nach § 133 FamFG

  • die Namen und Geburtsdaten der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder der Ehegatten sowie die Mitteilung deren gewöhnlichen Aufenthalts
  • die Erklärung, ob die Ehegatten eine Regelung über die elterliche Sorge, den Umgang und die Unterhaltspflicht gegenüber dem gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern sowie sie durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und an den Haushaltsgegenständen getroffen haben, und
  • die Angabe, ob Familiensachen, an denen beide Ehegatten beteiligt sind, anderweitig anhängig sind,

enthalten.

Der Scheidungsantragsschrift sollen die Heiratsurkunde und die Geburtsurkunden der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder beigefügt werden.

Wenn ich die Scheidung für Sie beantragen soll, benötige ich mithin vorgenannten Informationen und Unterlagen sowie eine auf das Scheidungsverfahren bezogene Verfahrensvollmacht.

Nach der Einreichung des Scheidungsantrags bei Gericht wird dieser dem anderen Ehegatten vom Gericht mit der Aufforderung zur Stellungnahme zugestellt. Zugleich übersendet das Gericht beiden Ehegatten Formulare, in denen Angaben über erworbene Versorgungsanwartschaften gemacht werden müssen, und forderte anschließend bei den Versorgungsträgern Auskünfte über die erworbenen Versorgungsanwartschaften an, um den Versorgungsausgleich durchführen zu können. Sobald diese Auskünfte vorliegen, wird dann Termin zur mündlichen Verhandlung über die Scheidung anberaumt. Am Ende dieser mündlichen Verhandlung wird dann regelmäßig der Scheidungsbeschluss verkündet, wenn außer dem Versorgungsausgleich keine weiteren Scheidungsfolgesachen zu regeln sind. Sind beide Ehegatten anwaltlich vertreten und erklären einen Rechtsmittelverzicht, wird die Scheidung am gleichen Tag rechtskräftig.

 

Für die Scheidung zuständiges Gericht

Zuständig für das Scheidungsverfahren ist das Amtsgericht als Familiengericht. Welches Amtsgericht für die Scheidung örtlich zuständig ist, regelt § 122 FamFG. Haben die scheidungswilligen Eheleute minderjährige Kinder, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk ein Ehegatte mit den minderjährigen Kindern lebt, sofern nicht auch bei dem anderen Ehegatten aus der Ehe hervorgegangene minderjährige Kinder leben.

Sind aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen oder sind diese bereits alle volljährig, gibt es zwei Möglichkeiten. Lebt einer der Ehegatten noch am letzten gemeinsamen Wohnort, ist das Familiengericht für die Scheidung zuständig, in dessen Bezirk dieser Wohnung liegt. Sind beide Ehegatten von dem Ort verzogen, an dem der letzte gewöhnliche gemeinsame Aufenthalt lag, ist das Gericht für die Scheidung örtlich zuständig, in dessen Bezirk der andere Ehegatte, also der Antragsgegner, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Besteht ein Auslandsbezug, weil z.B. einer der Ehegatten im Ausland lebt, können mehrere internationale Zuständigkeiten begründet sein, wobei dann einer der Ehegatten durch die Einreichung einer Scheidungsantragsschrift bei einem dem international zuständigen Gericht letztlich die Entscheidung herbeiführen kann, vor welchem Gericht das Scheidungsverfahren durchgeführt wird. Dies kann im Einzelfall mit erheblichen Vorteilen verbunden sein.

Zeitpunkt der Scheidungsantragsstellung

In vielen Fällen ist es sinnvoll, strategische Überlegungen dazu anzustellen, wann die Scheidung bei Gericht beantragt werden soll.

Der Tag der Zustellung der Scheidungsantragsschrift an den Antragsgegner ist der maßgebliche Stichtag für die Ermittlung des Endvermögens, auf dessen Grundlage der Zugewinn berechnet wird und Zugewinnausgleich durchgeführt wird.

Hat einer der Ehegatten ein Unternehmen, Immobilien oder Wertpapiere in seinem Eigentum, so sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Wertermittlung latente Steuern zu berücksichtigen. Die im Falle einer Veräußerung anfallenden Steuern sind selbst dann vom Wert des Vermögensgegenstandes in Abzug zu bringen, wenn ein Verkauf tatsächlich nicht beabsichtigt ist.

Wenn die Steuerlast daran anknüpft, ob die Veräußerung vor Ablauf bestimmter Fristen erfolgt oder nicht, sollten diesbezügliche Überlegungen nicht unberücksichtigt bleiben. Wenn z.B. ein Grundstück noch keine zehn Jahre im Eigentum des Ehegatten steht und damit im Falle einer Veräußerung ein Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, kann es aus Sicht des zur Zahlung von Zugewinnausgleich verpflichteten Ehegatten sinnvoll sein, den Scheidungsantrag vor Ablauf der Spekulationsfrist einzureichen. Aus Sicht des Ehegatten, der einen Zugewinnausgleich beanspruchen kann, ist das Gegenteil der Fall.

Wenn solche Gesichtspunkte sich als nicht relevant erweisen, kann die Scheidung einige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres bei Gericht beantragt werden, weil das Trennungsjahr erst im Gerichtstermin abgelaufen sein muss und bis zum Gerichtstermin regelmäßig jedenfalls einige Wochen, bei Durchführung des Versorgungsausgleichs auch einige Monate, vergehen.

 

Verbund von Scheidungs- und Folgesachen

sind im Zusammenhang mit der Scheidung weitere Verfahren notwendig, wie z.B. ein Verfahren zur Regelung des Unterhalts oder des Sorgerechts für gemeinsame Kinder, so können diese gemeinsam mit dem Scheidungsverfahren durchgeführt werden. Sie müssen aber nicht mit dem Scheidungsverfahren verbunden werden, sondern können – mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs – auch in isolierten Verfahren geregelt werden. Über Scheidungsfolgesachen, die im Scheidungsverfahren gerichtlich geltend gemacht werden, ist zusammen mit der Scheidung zu verhandeln und zu entscheiden. Scheidungsfolgesachen sind

  • Versorgungsausgleichssachen,
  • Unterhaltssachen, sofern sie den Kindesunterhalt oder den Ehegattenunterhalt betreffen,
  • Ehewohnungs- und Haushaltssachen
  • Güterrechtssachen, insbesondere also der Zugewinnausgleich, und
  • Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten oder das Umgangsrecht eines Ehegatten mit dem Kind des anderen Ehegatten betreffen, wenn ein Ehegatte vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache die Einbeziehung in den Verbund beantragt, es sei denn, das Gericht hält die Einbeziehung aus Gründen des Kindeswohls nicht für sachdienlich.

Im Fall der Scheidung ist über sämtliche im Verbund stehenden Familiensachen durch einheitlichen Beschluss zu entscheiden. Ob Folgesachen der vorgenannten Art Scheidungsverfahren oder – mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs, der im Zwangsverbund steht – im isolierten Verfahren bei Gericht anhängig gemacht werden, bedarf der sorgfältigen Abwägung im Einzelfall, da Folgesachen das Scheidungsverfahren erheblich verlängern können, auf der anderen Seite die Geltendmachung im Scheidungsverbund Kostenvorteile mit sich bringen kann.

 

Einvernehmliche Scheidung

Eine einvernehmliche Scheidung ist die einfachste und kostengünstigste Art, eine Ehe zu beenden. Wenn die Ehegatten bereits einen Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen haben, in der alle wesentlichen Scheidungsfolgen geregelt sind, insbesondere Fragen des nachehelichen Unterhalts, des Sorgerechts für gemeinsame Kinder, der Zugewinnausgleich, in der Versorgungsausgleich und die Nutzung der Ehewohnung, oder die Ehegatten in der Lage sind, all diese Fragen einvernehmlich zu regeln, wird das Scheidungsverfahren beträchtlich vereinfacht und beschleunigt.

Sind sich die Ehepartner über alle bei der Scheidung zu regelnden Fragen einig, benötigt auch nur der antragstellende Ehegatte zwingend einen Rechtsanwalt. Für die Zustimmung zur Scheidung benötigt der andere Ehegatte keine anwaltliche Vertretung. Zu beachten ist allerdings, dass in diesen Fällen – ohne anwaltliche Vertretung des Antragsgegners – kein Vergleich vor Gericht geschlossen werden kann. Entweder sollten die Scheidungsfolgen zuvor in einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt worden sein oder – wenn doch der Abschluss eines Vergleichs erforderlich ist – der Antragsgegner muss zumindest für den Abschluss des Scheidungsfolgenvergleichs einen Rechtsanwalt beauftragen, was häufig unter Vermittlung des den Antragsteller vertretenden Rechtsanwalts kostengünstig erfolgen kann.

 

Streitige Scheidung

Will nur einer der Ehepartner geschieden werden oder gibt es Streit zwischen den Ehepartnern über Scheidungsfolgesachen, die in den Scheidungsverbund einbezogen werden, so bezeichnet man das Scheidungsverfahren als streitig. Neben dem eher seltenen Fall, dass sich ein Ehegatte der Scheidung widersetzt, gibt es häufig Streit um das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder, Unterhaltsfragen, den Zugewinnausgleich oder auch die Verteilung des Hausrats. In einem solchen Fall greift der gesetzliche Anwaltszwang. Beide Ehegatten benötigen dann für das Scheidungsverfahren einen Rechtsanwalt, weil ein anwaltlich nicht vertretener Ehegatte im Scheidungsverfahren keine Anträge stellen kann und sich entsprechend auch nicht gegen Anträge des anderen Ehegatten wehren kann. Durch diesen Anwaltszwang für das Scheidungsverfahren soll eine Chancengleichheit zwischen den Ehegatten hergestellt werden.

 

Dauer des Scheidungsverfahrens

Prognosen über die Dauer des Scheidungsverfahrens sind in aller Regel schwierig. Generell zeigt die Praxis, dass Scheidungsverfahren dann, wenn nur der Versorgungsausgleich – Ausgleich der Renten- und sonstigen Versorgungsanwartschaften zwischen den Ehegatten – durchgeführt werden muss, zwischen sechs Monaten und neun Monaten bis zum Scheidungstermin in Anspruch nehmen. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass es in der Regel einen Zeitraum von mehreren Monaten in Anspruch nimmt, die Auskünfte der Versorgungsträger einzuholen. Verallgemeinern lässt sich dies allerdings nicht. Liegen die Auskünfte sehr schnell vor oder muss aufgrund einer ehevertraglichen Vereinbarung/Scheidungsfolgenvereinbarung der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden, kann ein Scheidungsverfahren gelegentlich auch innerhalb weniger Wochen abgewickelt werden.

Werden demgegenüber Scheidungsfolgesachen im Scheidungsverbund rechtshängig gemacht, insbesondere der Zugewinnausgleich und Kindschaftssachen, kann dies in komplizierten Fällen das Scheidungsverfahren um Jahre verzögern.

Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs ist zudem zu bedenken, dass die Zugewinnausgleichsforderung erst mit Rechtskraft der Scheidung fällig wird und erst ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen ist. Wenn eine hohe Zugewinnausgleichsforderung und eine lange diesbezügliche Verfahrensdauer zu erwarten sind, sollte der Zugewinnausgleich daher isoliert geltend gemacht werden, weil beträchtliche finanzielle Einbußen entstehen können, wenn die Verzinsung der Zugewinnausgleichsforderung um Jahre hinausgeschoben wird. Aus Sicht des Ausgleichspflichtigen ist das Gegenteil der Fall. Für ihn ist es günstig, wenn der Zugewinnausgleich in das Scheidungsverfahren einbezogen wird.

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