Befristung von Arbeitsverträgen

In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Arbeitsverträge zunächst befristet abgeschlossen, so dass die Frage der Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsvertrages bzw. für den Arbeitnehmer zu erhebende Entfristungsklagen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber an sich häufig stellendes Problem, für den Fachanwalt für Arbeitsrecht ein praktisch bedeutsames Tätigkeitsfeld ist. Eine Entfristungsklage hat zum Ziel, die Unwirksamkeit einer Befristung des Arbeitsvertrages gerichtlich feststellen zu lassen und führt im Erfolgsfall dazu, dass der Arbeitnehmer sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet.

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ist ohne weiteres bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Unzulässig ist eine solche Befristung allerdings dann, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das kalendermäßig befristete Arbeitsverhältnis endet automatisch mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit, ohne dass seine Kündigung bedarf. In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von vier Jahren zulässig.

Für längere Zeiträume ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.

 

Schriftformerfordernis für die Befristung von Arbeitsverträgen muss vor der Aufnahme der Arbeit erfüllt werden

Nach § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Dass Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine mündlich und damit nach § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz, § 125 Satz 1 BGB formnichtig vereinbarte Befristung durch die nach Vertragsbeginn erfolgte schriftliche Niederlegung in einem Arbeitsvertrag nicht rückwirkend wirksam wird (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.2005 – 7 AZR 289/04 -).

Zwischen den Parteien bestand bereits ein befristetes Arbeitsverhältnis, das bis zum 31.12.2002 befristet war. Am 18.12.2002 wurde die Klägerin telefonisch darüber informiert, dass ihr Arbeitsverhältnis letztmals über den 31.12.2002 hinaus bis zum 30.04.2003 verlängert werde. In der Zeit vom 23.12.2002 bis zum 01.01.2003 war die Dienststelle geschlossen. Die Klägerin befand sich zudem ab dem 23.12.2002 in Erholungsurlaub. Sie nahm dann am 02.01.2003 die Arbeit wieder auf. Am 08.01.2003 wurde ihr der vom 6.12.2002 datierende bis zum 30.04.2003 befristete Änderungsvertrag vorgelegt und von ihr unterzeichnet. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Befristung unwirksam ist und die Klägerin sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet.

 

Änderung des Vertrages anlässlich der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages kann die Befristung unwirksam machen

(BAG, Urteil vom 20.02.2008, 7 AZR 786/06)

Das Bundesarbeitsgericht hält an seiner Linie fest, dass bei der „Verlängerung" eines nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages jede Vertragsänderung schädlich ist und im Ergebnis zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag führt, wenn die Vertragsänderung nicht durch höherrangiges Recht geboten ist.

Nach § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer von 2 Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

Eine solche „Verlängerung" liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann allerdings nicht vor, wenn anlässlich der Verlängerung der Vertragsinhalt geändert wird, ohne dass dies durch höherrangiges Recht geboten ist. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts setzt das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung im Sinn des § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrages in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Anlässlich der Verlängerung des Vertrages sind lediglich solche Vertragsanpassungen an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage zulässig, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Werden darüber hinausgehende Änderungen vorgenommen, ist die weitere Befristung des Arbeitsvertrages unwirksam. Der Arbeitnehmer befindet sich dann in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und kann dies durch eine Befristungskontrollklage gerichtlich geltend machen und vom Arbeitsgericht feststellen lassen.

Im konkreten Fall hatten die Arbeitsvertragsparteien einen – wirksam – befristeten Arbeitsvertrag geschlossen, in dem vereinbart worden war, dass auch während der Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages dieser durch ordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet werden konnte. Vor Ablauf dieses Vertrages schlossen die Parteien einen neuen Vertrag, durch den die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages um 11 Monate verlängert wurde. In diesem neuen befristen Arbeitsvertrag war eine Vereinbarung über eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit und die dafür geltende Kündigungsfrist nicht mehr enthalten.

Diese für den Arbeitnehmer günstige Vertragsänderung, durch die der Arbeitgeber auf ein Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtete, reichte dem Bundesarbeitsgericht, um zu entscheiden, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses unwirksam war. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass insoweit keine Verlängerung des Ursprungsvertrages gegeben war, sondern der Abschluss eines neuen, befristeten Arbeitsvertrages.

Der Abschluss eines solchen neuen, befristeten Arbeitsvertrages ist aber unwirksam, da nach § 14 Abs. 2 Satz 2 die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Die für den Arbeitnehmer günstige Vertragsänderung bei der "Verlängerung" des befristeten Arbeitsvertrages hatte folglich zur Konsequenz, dass der Arbeitgeber einen unbefristeten Arbeitsvertrag schloss, von dem er sich nur durch eine Kündigung wieder lösen kann. Gerade die damit verbundenen Probleme und Kosten wollte der Arbeitgeber durch den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vermeiden.

Bei der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages sollten keine Vertragsänderungen vorgenommen werden, sondern lediglich vereinbart werden, dass der befristete Vertrag verlängert wird. Lohnerhöhungen oder sonstige Änderungen des Vertrages sollten bereits während der Laufzeit des ersten befristeten Vertrages und vor der Verlängerung schriftlich vereinbart werden oder aber nach der Verlängerung des Vertrages schriftlich vereinbart werden, nicht hingegen anlässlich der Verlängerung des Vertrages. Wurde dennoch eine Vertragsänderung anlässlich der Verlängerung des befristeten Vertrages vorgenommen, die über eine Anpassung an die Rechtslage hinausgeht, kann der Arbeitnehmer durch eine Entfristungsklage feststellen lassen, dass er sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet.

 

 

Wechsel zu einer „Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" als Umgehung der Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs

Wechseln Arbeitnehmer durch einen dreiseitigen Vertrag vom Betriebsveräußerer zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B & Q), so ist diese Vereinbarung unwirksam, wenn es für den Arbeitnehmer klar erschien, dass alsbald seine Neueinstellung durch einen Betriebserwerber erfolgen werde.
 

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung. Über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers war 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter führte das Unternehmen zunächst fort und versuchte es zu veräußern. Im März 2008 hatte die spätere Betriebserwerberin einen Tarifvertrag mit der IG Metall geschlossen, in dem sie sich verpflichtete, von den ca. 1.600 Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin nach dem Erwerb der Betriebsstätten über 1.100 unbefristet und 400 befristet zu beschäftigen. Danach schloss sie mit dem Insolvenzverwalter einen Kaufvertrag über die sächlichen Betriebsmittel. Im April 2008 vereinbarte der Insolvenzverwalter mit Betriebsrat und Gewerkschaft einen Interessenausgleich und Sozialplan zu einer „übertragenden Sanierung". Dann wurde auf einer Betriebsversammlung am 3. Mai 2008 den Arbeitnehmern das Formular eines dreiseitigen Vertrags ausgehändigt, der das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2008 und die Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Juni 2008 00.00 Uhr mit der B & Q vorsah. Außerdem wurden auf derselben Betriebsversammlung den Arbeitnehmern vier weitere von ihnen zu unterzeichnende Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin, beginnend am 1. Juni um 00.30 Uhr vorgelegt. Ein Angebot beinhaltete einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Betriebserwerberin, die anderen drei sahen unterschiedlich lang befristete Arbeitsverhältnisse vor. Der Kläger unterzeichnete alle fünf Vertragsangebote. Die Betriebserwerberin nahm am 30. Mai 2008 das Angebot des Klägers für ein auf 20 Monate befristetes Arbeitsverhältnis an. Ab 1. Juni 2008 arbeitete der Kläger für diese und klagte im Juni 2009 auf Entfristung.
 

Die Klage hatte vor dem Landesarbeitsgericht und dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Beklagte kann sich auf die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses durch den vom Kläger mit der B & Q geschlossenen Arbeitsvertrag, der nur eine halbe Stunde bestand, nicht berufen. Nach den Umständen, unter denen dieser Vertrag zustande kam, erschien es klar, dass er dem Zweck diente, die Kontinuität des Arbeitsverhältnisses zu unterbrechen und die Rechtsfolgen des § 613a BGB zu umgehen. Dass der Kläger nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden sollte, ergab sich für ihn sowohl aus den Rahmenvereinbarungen des Insolvenzverwalters als auch daraus, dass er gleichzeitig mit der Unterzeichnung des B & Q-Angebotes vier Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin abzugeben hatte.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 8 AZR 572/11 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 25. Februar 2011 - 3 Sa 673/10 -