Betriebsbedingte Kündigung

Kündigungsgrund bei betriebsbedingter Kündigung

Betriebsbedingte Kündigung nach der Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten - Betriebsübergang

Ein Betriebsübergang im Sinn von § 613 a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt.

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellten. Die Wahrung ihrer Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht mehr die betreffende Tätigkeit weiter führt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals (Hauptbelegschaft) übernimmt. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) keinen Betriebsübergang dar.

Werden bei einer Fremdvergabe eines Reinigungsauftrags etwa 60 % der Reinigungskräfte, an deren Sachkunde keine besonderen Anforderungen zu stellen sind, übernommen, so handelt es sich nicht um die Übernahme der Hauptbelegschaft.

Die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz erstreckt sich auf Arbeitnehmer, die miteinander vergleichbar sind. An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber Reinigungskräfte nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann. Daher kann es an einer Vergleichbarkeit der sonstigen Reinigungskräfte mit Reinigungskräften im Theaterbereich fehlen, deren Arbeitszeiten einzelvertraglich entsprechend den Aufführungszeiten des Theaterbetriebs vereinbart sind.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 333/04 in NZA 2006, 31

 

Verteilung der Arbeit des gekündigten Arbeitnehmers auf andere Arbeitnehmer und Fremdunternehmen

Verteilt der Arbeitgeber die bislang von einem Arbeitnehmer im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung (hier 20 Stunden/Woche) ausgeübten Tätigkeiten zum Teil auf einen anderen Arbeitnehmer (im Umfang jeweils variabel nach dessen freier Arbeitskapazität) und vergibt er die verbleibenden Tätigkeiten an dritte Unternehmen, liegt ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine ordentliche Kündigung grundsätzlich vor. Wendet sich der gekündigte Arbeitnehmer hiergegen nur mit dem Argument, der andere Arbeitnehmer verfüge über keine freien Arbeitskapazitäten, ist die Kündigung wegen der verbleibenden Fremdvergabe sozial gerechtfertigt.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 3.9.2003 –3 Sa 516/03 – in MDR 2004, 889

 

Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Kündigung wegen Betriebsstilllegung – konzernweite Beschäftigungspflicht

Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einen Kündigungsgrund für eine betriebsbedingte Kündigung im Sinn von §1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz bilden, gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs.

Das Kündigungsschutzgesetz ist betriebs- und hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einen freien Arbeitsplatz unternehmensbezogen ausgestaltet. Ein Kündigungsgrund besteht mithin bereits, wenn ein Betrieb geschlossen wird, während weitere Betriebe bzw. das Unternehmen durchaus fortbestehen können. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, die einer Kündigung entgegensteht, ist hingegen unternehmensbezogen, also bezogen auf den jeweiligen Arbeitgeber zu prüfen. Hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt.

Die Weiterbeschäftigungspflicht auf einem freien Arbeitsplatz ist aber grundsätzlich nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen. Lediglich in Ausnahmefällen kann eine konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht in Frage kommen.

Voraussetzung einer konzernweiten Weiterbeschäftigungspflicht ist, dass sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder sich die Übernahmeverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag oder aus anderen vertraglichen Absprachen oder aus einer Zusage des Arbeitgebers ergibt. Ferner ist die Voraussetzung, dass der Beschäftigungsbetrieb bzw. das vertragsschließende Unternehmen auf die „Versetzung" einen bestimmenden Einfluss hat. Die Versetzungsentscheidung darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23.11.2004 – 2 AZR 24 aus 04 – in NZA 2005, 929

 

Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung

Keine Einbeziehung von unter Sonderkündigungsschutz stehenden Arbeitnehmern

Der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehende Arbeitnehmer ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung zu bilden. Arbeitnehmer, denen gegenüber eine ordentliche Kündigung in diesem Zeitpunkt auf Grund von Vorschriften des Sonderkündigungsschutzes ausgeschlossen ist, sind in diesen Personenkreis nicht einzubeziehen.

Dies gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung der Sonderkündigungsschutz voraussichtlich alsbald auslaufen wird und auf Grund der kurzen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis des besonders geschützten Arbeitnehmers zu demselben Termin beendet werden könnte, zu dem auch das Arbeitsverhältnis des konkurrierenden, sozial schwächeren Arbeitnehmers gekündigt werden kann.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.04.2005 – 2a ZR 241/04 -

 

Vergleichbarkeit von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten mit unterschiedlichen Arbeitszeiten

Die Grundsätze über die Einbeziehung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten in die Sozialauswahl (BAGE 90, 236 = NJW 1999, 1733) gelten auch für die soziale Auswahl zwischen Teilzeitbeschäftigten mit unterschiedlichen Arbeitszeiten.

Das Bundesarbeitsgericht hat in der Vergangenheit in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer mit Vollzeitkräften dann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für vergleichbar gehalten, wenn es dem Arbeitgeber lediglich um die Reduzierung eines Arbeitszeitvolumens ging, ohne das organisatorische Entscheidungen über die Gestaltung der Arbeitszeit auf bestimmten Arbeitsplätzen getroffen worden waren. Liegt dagegen ein nachvollziehbares unternehmerisches Konzept zur Arbeitszeitgestaltung vor, dem zu Folge bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zugeordnet sind, so ist die dem zu Grunde liegende unternehmerische Entscheidung jedenfalls im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens von den Gerichten hinzunehmen, wenn sie nicht offenkundig unsachlich, d.h. missbräuchlich ist. Arbeitnehmer, die auf Grund solcher Organisationsentscheidungen unterschiedliche Arbeitszeiten aufweisen, die nur durch Änderungskündigungen angepasst werden können, sind nicht mit einander vergleichbar.

Diese Grundsätze gelten nicht nur für das Verhältnis von Vollzeitbeschäftigten zu Teilzeitbeschäftigten, sondern auch für Teilzeitbeschäftigte mit unterschiedlichen Arbeitszeiten untereinander.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.07.2004 – 2 AZR 376/03 – in NJW 2004, 3795

 

Massenentlassungen

Nähere Einzelheiten zu Massenentlassungen finden Sie hier.

 

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